Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

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Flavia
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von Flavia » 21. September 2012, 13:21

Hallo

Eigentlich bin ich nicht die richtige Person um dir zu antworten. Unser Sohn ist auch geistig so fest behindert, dass er (zum Glück?) nicht realisiert, dass er anders ist.
Ich stelle mir das sehr schwierig vor und es bedingt sicher ganz viele emotionale und mentale Begleitung.

Ich wünsche euch ganz viel Kraft. Ich warte mal ab, wenn sich aber niemand meldet werde ich einige direkt anschreiben, viele Eltern haben in diesem Forum Kinder welche realisieren, dass Sie anders sind.

Ganz liebe Grüsse Flavia
Raphael
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von Raphael » 21. September 2012, 21:57

Hallo

Ich weiss nicht ob 3 Jahre schon das richtige Alter ist. Ich selbst (ebenfalls CP und klar im Kopf) wurde zwar früh aufgeklährt, dass ich Behindert bin. Richtig verstanden was das bedeutet hab ich es allerdings erst zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr. Erst dann wurde mir bewusst, was ich alles nicht kann was gleichalterige machen. Das ist eine schmerzhafte Erfahrung, die man glaub nicht abfedern kann.

Ich denke, die Zeit für die Aufklärung kommt dann wenn Fragen kommen. "Weshalb können das die anderen, und ich nicht?" Dann kann man behutsam aufklähren, und vor allem erklären was passiert war.

Gerade bei CP finde ich es wichtig, dass man die Hoffnung des Kindes nicht zerstört, sachen zu lernen die es nicht kann. Selbst dann wenn es für Erwachsene und Fachleute nach einer kompletten Illusion aussieht.

Unihockey war und ist meine Lieblingssportart. Ich weiss noch gut, wie mir ein Arzt des Kinderspital Affoltern mit 12 Jahren versucht hat, mein Traum vom "Unihockey spielen unter Nichtbehinderten" auszureden. Er meinte: "Es sei gut, dass ich Sport mache, aber ich solle doch eine Sport wählen die es auch im Behindertensport gibt. Fahrradfahren, oder Schwimmen. Ich werde im Unihockey nie an die Leistungen Nichtbehinderter herankommen, ganz egal wie viel ich trainiere. Ich solle mich doch mit denen vergleichen die auch eine Behinderung haben."

Natürlich wollte mir dieser Arzt nur eine schmerzhafte Erfahrung erspahren, und es war mit sicherheit gut gemeint. Seine Worte waren aber wie Speerspitzen in meinem Herzen. Zum Glück war mein Schädel zu dick um mein Traum aufzugeben, und heute sind Trainings unter Nichtbehinderten für mich das normalste der Welt. Ich hatte zum Glück später wunderbare Menschen kennen gelernt, die mich nicht als "Behinderten" sondern als "Sportler" sahen. Bei ihnen hab ich auch gelernt, dass Behinderung keine Ausrede sein kann, etwas nicht zu probieren. Wenn man etwas probiert hat, und es klappt halt wirklich nicht, ist das eine andere Sache. Auch ich musste mich schon ab und zu wegen der Behinderung geschlagen geben. Es tut weh, aber man lernt damit umzugehen. Niederlagen erleben auch Nichtbehinderte, und Leute die nie eine aufs Dach bekommen haben in ihrem Leben zu wenig riskiert.

Ich betrachte die Behinderung als besonderer Challange für mich. Es ist eine Chance zu wachsen, und eine Chance zu zeigen, dass mehr möglich ist, als wir uns vorstellen. Als Behinderten hat man einen einzigen Vorteil. Man gehört nicht zu der üblichen einheitssuppe. Man ist von beginn weg anders. Selbst wenn ich eines Tages normal gehen werde, ein normaler Mensch werde ich nie sein. Manchmal vermisse ich die normalität in meinem Leben, aber ich bin mir sicher, wenn ich normal wäre, möchte ich was Spezielles sein ;-). Man kann halt nicht alles haben.

Ich denke, jeder Behinderte muss selbst den Weg finden mit der Behinderung umzugehen. Ich denke die beste Unterstützung bietet man dem Behinderten, wenn man die Person sieht und nicht die Behinderung.

Das ist meine ganz persönliche Erfahrung, und ich erhebe keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit.

Gruss Raphael
Sonj
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von Sonj » 25. September 2012, 11:57

Ich antworte unabhängig von der Art der Behinderung die deine Tochter hat. Wir haben 4 Kinder und unsere 6 jährige hat eine Behinderung.
Ich denke, dass was Raphael gesagt hat, sicher sehr wichtig ist, va dass man die Person sieht und nicht die Behinderung. Jede/s Kind ist anders und muss auf seine Art gefördert werden. Auch sogenannt gesunde Kinder haben Ihre Challenges. Sobald ein Kind beginnt fragen zu stellen (sofern es das kann) hat es auch ein anrecht auf eine kindgerechte Antwort.
Vorschlag: Mami bin ich Bebe? Nein, du bist kein Bebe mehr, du bist jetzt drei Jahre alt. Aber du musst noch laufen lernen. Du kannst noch nicht laufen, du lernst langsamer laufen weil du...........
Wichtig ist, aber das weisst du sicher auch schon, dass man dem Kind immer das Gefühl gibt, dass es so wie es ist i.O. und liebenswert ist.
Hoffe das hilft einwenig.
Bei Fragen oder auch bei besonderen Erlebnissen bitte schreiben, würde mich interessieren.

Herzlichen Gruss,
Sonja
sarah
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von sarah » 25. September 2012, 20:06

Oh, das finde ich ein Intressantes Thema. Bei uns lief das irgendwie automatisch. Ich glaube meine Tochter war noch Jünger bei der Konfrontation mit diesem Wort. Wir sagten ihr sehr bald das ihre Beine Steiff seien und das eine Behinderrung ist. Wo eine Behinderung beginnt war erst mit 4-5 jährig ein Thema. Bei uns ist das Wort behinrung ein Adjektiv. Auch die 7 jährigem Jungs benützen dieses Wort jedoch nie als Schimpfwort.
Letzte Woche sagte mein Junge zu mir, nach dem er mein Kinderrfotoalbum angeschaut hat, aber Mami, du hast ja auch ein bisschen behindert ausgesehen als Kind. Dies sagte er sehr selbstverständlich und ohne mich verletzten zu wollen. Ich müsste innerlich lachen und war eigentlich auch glücklich das er Behinderung als normal und positives anschaut denn ich war ein Strahlekind und alle fanden mich" herzig".ja das war einmal, hihi
Meine Kinder sahen schon viele Behindedrte Menschen, in Nottwil, bei der HPS wo ich arbeite, in Deutschland bei der AMC vereinigung etc. Sie fragen ab und zu was, wer für eine Behindeerung hat und damit ist die Sache vergessen. Nora ist ausschließlich Körperlich behindert und geht mit nur , nicht Behinderten Kindern zur Schule. Dort wird das Wort Behindert nie angewendet wenn sie da ist( als Schimpfwort). Bei vielen Kindern die ich an der öffentlichen Schule Unterrichte wird das Wort als Schimpfwort angewendet.
Bei Uns kam es vor dass Erwachsene gesagt haben, das kannst du doch nicht sagen, Nora ist doch nicht behindert. Wenn ich dann jedoch fragte was sie denn sei, sie hat einen Rollstuhl einen E- rolli etc., stockten die meisten uns sagten, ja eigentlich hast du recht.

Ja, ich Wünsche dir mit Deiner Tochter dass du auch einmal so einen positiven Umgang mit dem Wort hast wie wir.
Ht dein Kind ein Rollstuhl?
Bei mir kam die Entscheidung dafür im alter deiner Tochter. Ein Kind sagte: die sitzt ja immernoch im Kinderwagen. Darauf antwortete ihre Mutter, die ist vielleicht genau so faul wie du.....
Das war zuviel für mich. Es sollen alle sehen, ADS Nora nicht faul ist. Der Rolli wurde bestellt was eine Super Entscheidung war .
Alles gute
Sarah
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von Beatrice » 25. September 2012, 22:15

Herzlich willkommen in unserem Forum.
Da Deine Tochter auch eine Form von Kleinwuchs hat, kann ich Dir raten, mit Claudia Jud aus Romanshorn, hier aus dem Forum Kontakt aufzunehmen. Sie hat selbst ein Kind mit Kleinwuchs und sie leitet die Schweizer Selbsthilfegruppe der Eltern kleinwüchsiger Kinder. Ich denke, sie wäre eine gute Ansprechpartnerin für Dich. Hier ist die Vorstellung, wo Claudia ihr besonderes Kind vorstellt.
viewtopic.php?f=1&t=29
Wenn Du in diesen Thread was schreibst, erfährt Claudia per Mail, dass jemand in ihrem Thema geschrieben hat

Sende Dir ganz herzliche Grüsse

Bea
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Re: Wie sage ich meiner Tochter dass sie behindert ist?

Beitrag von Jacky » 30. September 2012, 04:09

Hallo, hatte das Problem mit diesem Thema bei meiner Tochter zum Glück erst etwas später. Ich habe Ihr aber immer probiert Kindgerecht zu erklären, dass sie halt anders ist. Ich habe, wie du in deinem Beitrag geschrieben hast, bei Ihr auch mit ca. 4 Jahren das Verhalten der anderen Kinder und deren Fragen begonnen zu bemerken. Ich habe in der Nachbarschaft wo wir viel draussen waren, die Kinder bei Fragen aufgeklärt und Ihnen gesagt, dass Sinaia halt nicht so gut laufen kann und nich nicht so gut sprechen kann, dass giebts halt einfach, aber irgendwann, lernt sie das dann schon.... Als sie älter wurde, habe ich den Kindern dann auch erklärt, dass Sie eine behinderung hat. Das haben die Kinder eigendlich immer gut verstanden und waren/sind dann auch immer sehr nett zu ihr. Meine Tochter hat halt eine ganz andere Behinderungsart( Autismus, geistig, leichte CP), aber ich habe gelernt, dass Kibder alles mit anderen Augen sehen und offenheit und ehrlichkeit immer gut ankommt ;-) Meine Tochter ist jetzt 11, sie spielt nicht wirklich mit anderen Kindern, aber die meisten sind nett und wenn sie mal wieder irgendwo eine Kriese hat und schreit, probieren sie mir sogar sie beim beruigen zu helfen. Was die Kindergärtnerin dazumals im Kindergarten erzählt hat, finde ich auch noch ein super Tipp: Jedes Kind bekommt einen Rucksack mit auf seinen Lebensweg, die einen Kinder haben einen leichteren, andere halt einen etwas schwereren. Die einten Kinder können nicht gut Zeichnen, die einten nicht gut Rechnen, die einen bekommen eine Brille, die anderen sind halt etwas kleiner :-) Wünsch dir viel Glück!
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