Gute Sprüche gesucht zu dummer Anmache

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Flavia
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Gute Sprüche gesucht zu dummer Anmache

Beitrag von Flavia » 9. Dezember 2004, 18:19

Unter verschiedenes hat Heidi das Thema Behindertenparkplatz eröffnet.

Zu diesem und anderen Themen suche ich gute Sprüche. Ich höre so viel von anderen Eltern die nicht gerade tolle Erlebnisse mit Leuten hatten,die wenig Feingefühl haben.

*So werden immer wieder Eltern mit Kindern in ( Reha)buggys angesprochen ob ihre Kinder zu faul zum laufen wären...
* Beim einkaufen hörte ich immer wieder die dümmsten Sprüche. Siro hat z:B. seid Baby eine Brille es gab kein mal ohne dass manchmal spötisch gefragt wurde ob das der neuste Modegag sei?!! Viel fragten ob die Brille wirklich echt wäre! Leider sagte ich damals noch nicht dass er eine Sehbehinderung hat, so war ich aber zu Hause nur noch mehr frustriert....


Warten gespannt auf eure Geschichten und Sprüchen!
Claudia
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Antworten zu dummer Anmache

Beitrag von Claudia » 13. Dezember 2004, 17:53

Wen unser Kleinwüchsiger Sohn angemacht wird, ist mir die Linie "Kalt erwischen" am liebsten. Den Leuten ist es nämlich total peinlich, wenn man sie auf die Realität anspricht. Es wird ihnen bewusst, was sie eigentlich für einen Schwachsinn rauslassen.
Aes liäbs Grüässli Claudia


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:lol:
Liebe Flavia
Routine macht die Meisterin!! Die Leute können nicht anders, sie fühlen sich verunsichert durch den Anblick und müssen es abwenden. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, besser damit umzugehen. Einige ganz happige Begegnungen haben aber auch Tränen auf offener Strassen oder hässliche Gespräche provoziert, die der Sache nicht gedient haben.
Da ich nicht immer gut drauf bin und mit zwei Rollstuhlkindern einfach auffalle, wappne ich mich im voraus. Ich kann dann in der brenzligen Situation einen vorbereiteten Spruch mit charmantem Lächeln zielgerichtet loslassen und dem Provokateur die Luft rauslassen.
Das sag ich z.B. mit zuckersüssen Lächeln (blöder Spruch des vis-à-vis wegen Kleider von Simone): "... hübsch nicht, haben wir für meine Tochter Simone an der alta moda messe in Milano ausgesucht, gefällt es Ihnen?" oder nun übertragen auf Deinen Brillenträger: "...na neidisch? ist doch der neuste Hit in New York, nicht gewusst oder?"

Ich weiss, es braucht viel Kraft, auch hier noch den richtigen Tonfall zu treffen. Es schont aber auch unsere Kräfte, wenn wir solche Tricks einsetzen. Viel Spass beim Suchen nach skurrilen Sprüchen.
Liebe Grüsse Katharina
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chrigi
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Beitrag von chrigi » 2. Januar 2005, 00:02

Bei uns wird Dominik momentan vorallem noch gehänselt wegen seiner flachen Nase. Viele Leute gaffen ihn an oder vorallem Kinder rufen oder sagen es ihm ins Gesicht er sei eine richtige Flachlandinsel oder einfach Flachnase. Am Anfang tat mir das selber sehr weh, hab Ihn dann aber versucht seelisch aufzubauen. Ich hab Ihm dann gesagt, wenn Ihn wieder jemand so nennt, soll er sagen er habe wenigstens die Hoffnung auf eine schöne Nase, aber derjenige muss seine Nase ein Leben lang ertragen.

Ich hab Ihn dann mal selber erlebt, ein Junge plagte Ihn regelrecht und hänselte Ihn bis auf die Knochen. Da ist Dominik vor den Jungen hingestanden und hat ganz ruhig und sachlich zu Ihm gesagt: Ach sei Du doch einfach ruhig; ich hab eine tolle und einzigartige Nase und ich krieg erst noch eine Neue, aber Du musst mit Deinem hässlichen Zingen im Gesicht das ganze Leben lang rumlaufen. Also hälst Du am besten einfach Deine Klappe! Da war nicht nur der Junge baff, sondern ich dazu.
Aber ich war sowas von Stolz auf meinen Dominik.

Nun wird sich ja auch bald sein grösster Wunsch erfüllen, er wird in den nächsten Wochen endlich seine ersehnte Nase bekommen. :lol: Dazu nimmt er sogar gerne den Spitalaufenthalt auf sich.

Grüessli Christina
tjololo

Beitrag von tjololo » 14. Januar 2005, 18:39

So ist es bei unserem Dominic, er hat sein Leben lang schon Husten, halt so dass sich die Wände fast biegen. Er ist ja Schwerasthmatiker und da er noch schwer Refluxkrank hat halt seine Lunge sehr viel abbekommen. Aber alle kennen Dominic so, ich war mit ihm auf dem Markt im Dezember und er hat wieder so schrecklich gehustet, so dass ich ihn bestimmt nie suchen musste sondern einfach hinhören. Dominic liebt Käse über alles und wollte unbedingt ein Raclette haben. Da er aber am Stand so heftig gehustet hat wurde er weggeschickt mit der Aussage, sie wolle hier nicht die Pest.
Es hat mir so weh getan, und jeden Tag dasselbe, im Bus, auf der Strasse, im Einkaufsladen, überall werden wir dumm angemacht, so ein Kind gehörte nicht auf die Strasse, ich sei ne verantwortungslose Mutter, so ein Kind gehörte ins Krankenhaus.
Bis jetzt habe ich geschwiegen, weil ich einfach keine Lust habe es überall zu erklären. Aber es macht mich sehr traurig.

Grüsschen Claudia
Anmerkung von Bea im Februar 2020: Moderation: die Mailadresse, die Tjololo bei Registrierung im Forum angegeben hat, ist leider nicht mehr gültig, eine Kontaktaufnahme per PN kann so nicht gelingen)
Lili

Beitrag von Lili » 7. Juli 2005, 22:58

Jedesmal wenn ich einkaufen gehe komme ich beim Parkieren ins Schwitzen. Wir haben eine Karte bekommen für den Behinderten-Parkplatz, da Luisa an AMC leidet, und Gehbehindert ist. Da ich noch ein Baby habe hab ich mir ein Zwillingswagen gekauft. Nun sieht man Luisa auf den ersten Blick ihre Behinderung nicht an. Ich werde ständig angemacht und angegafft. Man sagt mir dann: so krank wie sie möcht ich auch sein junge Frau, oder: dieser Parkplatz ist nicht für Geistig behinderte Mütter gedacht! Wie behindert und verstellt müsste sie denn sein? Mein Gott, wie mich das immer wieder verletzt, ich beende meinen Einkauf dann meistens weinend. Ich sage dann immer: ich hab diese Parkkarte nicht im Lotto gewonnen, die bekommt man nicht einfach nur so! Die Gaffer versammeln sich dann immer rundum, aber es ist noch nie jemandem eingefallen, ein Wort für mich zu ergreifen! Ich bin auch schon auf einen anderen Parkplatz, nur um solchen Situationen auszuweichen. Aber das kann doch nicht sein, oder? Ich habe das Recht mir und meinem behinderten Töchterchen den Alltag etwas zu erleichtern, dort wo`s möglich ist, nur die Gesellschaft lässt das nicht zu... weil man es ihr nicht ansieht!!!

Anmerkung von Bea (Moderation) Leider ist Lilis E-Mail, die sie bei der Registrierung angegeben hat, nicht mehr gültig. Dadurch können ihr Nachrichten aus dem Forum nicht mehr weiter geleitet werden. Auch über den Kontakt mit 2 anderen Mamis von AMC-Kindern konnte ich keinen Kontakt zu Lili mehr aufbauen, da sie aus Volketswil weggezogen ist.
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:roll: Liebe Frauen
Es ist ecklig, und wir erleben alle dasselbe. Mit meinen beiden youngstern, denen man auch nichts ansieht, aber wenigstens durch den Rollstuhl für Aussenstehende erkennbar ist, dass sie Hilfe benötigen, habe ich lange Jahre auch Wut, Trauer, Tobsucht verspürt im öffentlichen Raum.

Unser Bahnhofvorsteher wusste nicht einmal, wieso ein Behinderten-P breiter sein muss; da sei doch nur, damit wir nicht so weit gehen müssen... man kann es auch so sehen.

Nun ist es so, dass Ihr die anderen nicht ändern könnt: für Euch und Eure Kinder arbeitet die Zeit (mit dem Grösser- und Selbständigwerden wird es für Aussenstehende ersichtlicher, dass Ihr und das Kind ein Leben mit Beschwernissen geht). Kein Trost im Moment, ich weiss.

Aber Ihr habt die Möglichkeit, bei Euch etwas zu verändern: es ist Euer gutes Recht, den Behinderten-P zu benutzen, mit Würde und Stolz, schliesslich seid Ihr Mutter eines "anderen Kindes". Das Leben fordert Euch in einem anderen Mass und das bringt es mit sich, dass Ihr andere Wege geht (und ohne Rechtfertigung!!).
Also, ein Selbstverständlichkeit entwickeln, kein Zögern oder Zweifeln.

Schlagfertigkeit als "Notfalltropfen": legt Euch einen träfen Spruch bereit, macht einen Sport daraus, den Tagesknaller zu formulieren.
Je nach eigenem Biorythmus, Laune etc fällt der aus. Und wenn Ihr ihn loslässt, nutzt alle Eure Ressourcen: z.B. zuckersüss mit fragender Stimme und einem netten Lächeln zu jemandem, der Euch anmacht:"na, möchten Sie mit mir tauschen?" Diese Person wird garantiert niemals mehr eine Mutter anpöbeln.

Es sind nicht unsere Kinder, die uns das Leben schwermachen, es ist die Gesellschaft, die ohne gspüri und gedankenlos vor sich hindämmert.

Kopf hoch, wir "alten Mütter" stehen hinter Euch, zusammen haben wir Kraft.

Liebe Grüsse Katharina :)
Flavia
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Parklpatz

Beitrag von Flavia » 8. Juli 2005, 20:38

Hallo

Was uns am meisten geholfen hat war der Rollstuhlkleber am Auto! Wenn jemand einen Spruch bringen möchte sind sie vielleicht doch etwas darüber irritiert und überlegen es sich noch einmal?

Wir mussten uns zuerst daran gewöhnen! Ich kam mir ein wenig vor wie "geoutet".
Vielleicht probierst du einmal aus wenn du ganz selbstverständlich ( und seeehhhr selbstbewusst...) aussteigst deine Kids einpackst und einfach niemanden anschaust?

Ich denke einen guten Spruch auf Lager zu haben ist auch eine gute Idee, irgendwie gibt das einem schon eine Selbstsicherheit und man wartet richtig darauf bis wieder ein dummer Spruch kommt!

Gell so Sprüche kosten sooo viel Energie und können einem den Tag verderben und trotzdem sind sie das alles nicht einmal wert!!

Hoffe für dich dass es klappt!

Liebe Grüsse Flavia
marlene
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gafferei

Beitrag von marlene » 22. Juni 2006, 14:50

Unsere Tochter,8 hat kein Rollstuhl,auch haben wir kein recht auf einen Behinderten Parkplatz aber ein IV Ausweiss hat sie.CP Patiente,zwar eine leichte aber dennoch...letzte Woche in der Einkaufs Passage...ich merkte und spürte es sofort....die tuschelnden flüsterende Weiber(Immer nur Weibliche Personen...)Mutter mit einer Teenie Tochter so schien es...gafften trinkend und rauchend meine Kleine an,diskutierten und starten auf einer sehr unangenehmen Negativen Art......und ich hörte sie denken:warum lauft die so blöd....ich schaute sie an,die 2....vielleicht wollten sie was fragen.....einen empörenden Blick nahm ich entgegen....sie drehten sich schnell weg.....im Schaufenster gegenüber sah ich die stechenden Blicke im Rücken und bekam Mitleid mit diesen Unverschämten unhöflichen Personen....statt sich über das Leben und die eigene Gesundheit zu freuen lästern sie über Menschen die anders sind....seitdem meide ich den Augen Kontakt mit fremden,habe mich so aufgeregt....es wird nicht das letzte mal sein....meine kleine sieht darüber hin weg....registriert es sehr wohl.....sprechen mag sie nicht darüber.....ach MAMI sagt sie dann.............am liebsten möchte ich sie für immer und ewig beschützen.......liebe Grüsse Marlene
Lili

Beitrag von Lili » 22. Juni 2006, 17:05

Hallo zusammen, Luisa hat nun ihren kleinen herzigen Rollstuhl, und kann schon damit herumkurven. Sie ist damit sehr viel selbständiger geworden, und hat auch mehr Selbstvertrauen gewonnen. So, dachte ich mir, nun ist das Parkieren kein Problem mehr. Was sich zum Glück bestätigt hat, nur gaffen die Leute jetzt halt!!! Wir können keinen Schritt gehen, ohne lästige, und vor allem unendliche Blicke. Eine Frau hat gesagt: "oha lätz, jetzt hab ich grad vergessen, was ich eigentlich wollte!" der andere: "jöö, du armes Ding, du passt ja gar nicht in so ein Gefährt!" He Hallo, die wissen gar nicht, was sie da sagen, die reden einfach, einfach so was ihnen grad einfällt! Ich kann nicht mehr ohne Worte an diesen Menschen vorbei, ich mag mir das nicht mehr bieten lassen. Wir sind keine Affen im Zoo, also sollen sie nicht gaffen, sie ist auch nicht bemitleidenswert, also hört auf mit euren doofen Sprüchen. Mein Mann weigert sich schon, mit mir einkaufen zu gehen, da ich einfach nicht mehr schweige! Ich frage eigentlich meistens, ob sie ein Foto brauchen, oder sage, gaffen sollen sie im Zoo! Ich verstehe, dass man so eine kleine Maus in ihrem kleinen Rollstuhl mal ansieht, aber was ich nicht verstehe, ist, dass man gar nicht mehr wegschauen kann!!! Ich schaue auch genauso doof zurück, das hat schon zu Streitigkeiten geführt, ich werde durchbeissen, für Luisa. Denn sie sitzt gerne in ihrem Rollstuhl, endlich ist sie mobil, nur ist sie kein Objekt, und sie muss sich auch für nichts schämen. Nur schade, dass sich die Gaffer nicht schämen, peinlich eigentlich, oder nicht? Sie denken wir seien Arme, dabei sind sie bemitleidenswert, weil sie sehr hilflos wären, wenn ihr Leben nicht mehr so perfekt gesund wäre!!! Wenn ich je die Gelegenheit hätte, das alles der Gesellschaft zu sagen... Wir müssen sie wecken, damit unser e Kinder auch eine Chance haben in dieser Welt, in der alle immer schöner, perfekter und schneller werden. Man darf anders sein, für uns ist es normal anders zu sein... liebe Grüsse lili

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feliziano
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Beitrag von feliziano » 22. September 2006, 09:50

hallo wenn aligs bi eus dlüt blöd gluegt hent und sie nid gfragt hent wieso etc. het mi ma gseit: achtung asteckent. isch luschtig we die andere lüt denn reagieret. so gits aligs gad en rolle dusch und sie werdet blöd aglüegt au gits t-shirt.wo ich mim sohn agleit han. wo drufstaht we z.B isch öpis?? oder Was luegsch?
wünsche en schöne tag nu
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Beatrice
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Beitrag von Beatrice » 23. September 2006, 00:35

Da hab ich auch was dazu:
Wegen meiner angeborenen Kurzsichtigkeit erhielt ich während meiner Ausbildung zur Verkäuferin IV-Taggeld und in dieser Zeit auch einen IV-Bezüger-Ausweis, mit welchem ich jeweils das Streckenabo für 3 Monate etwas günstiger erhielt. Alle Beamten akzeptierten dieses gelbe Papierchen anstandslos, aber einer tat immer dumm und sagte mir schliesslich, das Papier sei allein ungültig und ich müsse meinen Pass dazu vorweisen. Da ich nicht immer mit dem Pass herumlaufen wollte, liess ich eine Identitätskarte machen.
Voller Triumph ging ich danach wieder an den Bahnhof und da hockte einmal mehr dieser arrogante Typ.
Ich wies mein IV-Papier zusammen mit der neuen ID vor und erwartete, dass es nun einmal ohne Murren ginge.
Der Typ glotzte mich nur an , stand auf, kam dann zu meinem Verwundern aus seinem Schalter heraus zu mir, musterte mich von Kopf bis Fuss, ging wieder rein und sagte doch tatsächlich zu mir: Ihre Schädigung muss an einem Ort liegen, wo man sie nicht sehen kann (für mich hörte es sich an, als sagte er, ich sei nicht richtig im Kopf oder ich sei eine Simulantin).
Das machte mich so elend wütend, dass ich meine gute Kinderstube vergass und dem älteren Herrn auf diesen Komentar erwiderte:
"Sie (die Schädigung) muss ja nicht bei allen so offensichtlich sein wie bei Ihnen!"
"Aalsoo...", sagte er erbost und bevor er noch was sagen konnte, packte ich meine Ausweise alle wieder ein und ging nach St.Gallen, um mir dort von einem sehr netten Angestellten mein Behindertenabo ausstellen zu lassen.

Das war ja an sich schon etwas frech, ich war damals 22. Jetzt bin ich 38, aber wenn ich an diese Situation zurückdenke, bin ich dennoch immer noch etwas stolz auf mich, dass ich es dem so gegeben habe. Man muss ja nicht immer auf Duckmäuser machen.

Liebe Grüsse

Beatrice
Zuletzt geändert von Beatrice am 3. Mai 2010, 22:05, insgesamt 2-mal geändert.
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Sorano
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Beitrag von Sorano » 24. April 2010, 14:09

Ziemlich berührt habe ich eure Texte gelesen.
Wie können Menschen nur so gemein reagieren, auch wenn es ungewohnte Situationen / Anblicke sind?
Den gestrigen Tag verbrachten wir mit unseren Bewohnern auf der Gruppe und nicht in der Beschäftigung. Am Nachmittag machte ich dann mit zwei Männern (25 und 28Jahre) einen Spaziergang. Der ältere sitzt im Rollstuhl, kann sich verbal nicht ausdrücken und hat eine geistige Behinderung. Der jüngere kann gehen, hat jedoch grosse Gleichgewichststörungen, ist Epileptiker, kann sich verbal ausdrücken, hat eine geistige- und eine Sehbehinderung, sowie Wahrnehmungsstörungen.
Wir gingen auf den nahen Wald zu und sprachen über die verschiedensten Dinge. Auf einer Bank im Wald, sassen vier ältere Menschen. Beim näher kommen begrüssten sie uns und meinten in meine Richtung gewandt, wie sehr sie es bewundern, dass ich diesen Beruf ausüben kann. Während sie meine Begleitpersonen ignorierten, drückten sie ihr Mitleid aus, für alle Menschen die eine Beeinträchtigung haben.
Warum werde ich bewundert, wenn ich mit Menschen mit Behinderung arbeite? Ich trage während der Arbeit die Verantwortung für "meine" Bewohner, aber am Abend kann ich nach Hause gehen und weiss sie in der Obhut der Angehörigen. Ebenso an den Wochenenden und in den Ferien.
Meiner Meinung nach verdienen die Eltern, Geschwistern, Angehörigen alle Bewunderung und Respekt! Ihr kümmert euch täglich um eure besonderen Kindern und erntet oft nur Unverständnis für diesen Fulltimejob.
Ich möchte euch danken für diese Arbeit! Ich gehe mit Freude arbeiten und könnte mir echt keinen schöneren Beruf mehr vorstellen.
Ich bin die Bezugsperson von oben erwähnten 28-Jährigen Mann. Mit Hilfe eines Sprechcomputers kann er Dinge auswählen, wünschen, seine Meinung ausdrücken etc. Seine Fortschritte zu beobachten ist doch der grösste Lohn.

In meiner Vorstellung habe ich ein Gedicht erwähnt. Es war nur auf Englisch zu finden. Ich habe es sinngemäss übersetzt und den Schluss noch etwas abgeändert.
Ich finde es einfach wunderschön, es drückt so viel aus...



Ein aussergewöhnliches Himmelskind


Ziemlich weit weg von der Erde fand ein Treffen statt
Es ist wieder Zeit für ein neues Leben
Sagten die Engel zum Herrn
Dieses Kind wird viel Liebe brauchen

Seine Fortschritte mögen langsam scheinen
Es wird vielleicht nicht vieles erreichen
Es wird besonderer Pflege bedürfen
Von den Menschen denen es da unten begegnet

Es wird vielleicht nicht rennen, oder lachen, oder spielen
Es wird in seiner eigenen Welt leben
In vielerlei Hinsicht, wird es sich nicht anpassen können
Und man wird es behindert nennen

So lass uns Acht geben, wohin wir es schicken
Wir möchten ihm ein glückliches Leben ermöglichen
Bitte Herr, finde die Eltern, die diesen herausfordernden Auftrag
Für dich erfüllen können

Sie werden ihre Rolle vielleicht nicht von Anfang an verstehen
Aber mit diesem besonderen Kind lernen sie mit dem Herzen, anstatt nur mit den Augen zu sehen
Herausforderungen und Schwierigkeiten mögen auftreten, doch ein Lächeln dieses Kindes wird dies tausendfach vergelten

Bald werden Sie erkennen, welches Privileg ihnen zu teil wurde, dieses aussergewöhnliche Himmelskind bei sich aufzunehmen
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Beatrice
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Ein wunderschönes Gedicht

Beitrag von Beatrice » 24. April 2010, 18:48

Liebe Yvonne

Das Gedicht, das Du da übersetzt hast, ist wirklich wunder-wunderschön

Kannst Du es auch noch hier einfügen?
http://dasanderekind.ch/phpBB2/viewtopic.php?t=519

damit Leute, die konkret solche Texte suchen, es rascher finden können.

Du passt genauso gut hier hin, wie alle andern, denn Du setzt Dich für besondere Menschen ein - genau wie wir, Eltern oder Angehörige oder selbst betroffene als besondere Kinder aufgewachsene Menschen (wie ich).

Mein bester Freund in Kinderjahren war ein Junge mit Down Syndrom. Er wäre heute 40 Jahre alt und vielleicht würdest Du ihn dann kennen. Leider ist er mit zehn Jahren gestorben. Schon damals habe ich es als Privileg empfunden, Daniel als Freund zu haben - auch ich hätte gerne den Beruf gewählt, den Du ausübst -leider scheitterte dies an meinen sehr schwachsichtigen Augen.
Durch dieses wunderbare Forum kann ich nun doch ein wenig in dieser Richtung mitarbeiten.

Ich grüsse Dich ganz herzlich, wünsche Dir schon heute einen guten Abschluss und vor allem immer wieder viel Freude in der Arbeit

Bea

--------------------------------------------------------

Apropos: dumme Sprüche und schlagfertige Antworten habe ich mich gerade noch an dieses Erlebnis erinnert:

Mein Freund wurde mit dem Down-Syndrom und einem offenen Rücken geboren. Er wurde auch ständig angestarrt und es kamen blöde Bemerkungen, auch von Erwachsenen. Eine Oma zog ihr Enkelchen von uns weg mit den Worten: Geh da nicht zu dem Kindchen hin, es könnte Dich beissen!“ Ich war damals 12 und fragte die Frau dann, ob sie jemals schlechte Erfahrungen mit einem Kind mit Down-Syndrom gemacht habe. Sie sagte nein, aber man wisse ja nie.
Da sagte ich: Ja, Sie haben recht, man weiss nie. Sie könnten so aber auch von einem normalen Menschen erschossen werden. Und ohne auf ihre Reaktion zu schauen, drehte ich den Rollstuhl mit Daniel in die Gegenrichtung und stolzierte ab.

Das war zu jener Zeit wohl in der Tat ein wenig übertrieben, aber heute, wo man soviel liest, wo überall gemordet wird, denke ich, könnte es als Antwort wieder nützlich sein.


Wegen meiner Frisur (siehe Foto) hörte ich bisweilen auch ganz "nette" Dinge.

Da war meine Antwort manchmal so:
"Ein schönes Gesicht braucht halt Platz!"

Aber wenn man selber gerade ganz tief unten ist oder zu sehr verletzt, dann gehen solche Sprüche nicht - sie kommen einem nicht in den Sinn oder erst dann, wenn es zu spät ist

Allen liebe Grüsse

Bea

Unter diesem Link könnt Ihr meine PerückenGeschichten abrufen. Es sind wahre Geschichten rund um die Glatze und neue Haare, die ich für Kinder aufgeschrieben habe. Ich lebe mein halbes Leben schon immer wieder mit Glatze. Manchmal hatte es den allgemein bekannten Grund einer speziellen Therapie, manchmal den eher unbekannten Grund einer Alopezia areata. In der Perückengeschichten habe ich bewusst nur die Alopezia areata erwähnt, da ich Verständnis für diese "Glatzköpfe" wecken wollte.

Perückengeschichten:
°°°°°°°°°°°°°°°°°°

Wunderbar witzige Erlebnisse einer Perücke und ihrer Trägerin, fantastisch illustriert, mutmachend und unterhaltsam
http://kinderklinik-hd.de/kidsfuerkids/peruecke1.pdf
http://kinderklinik-hd.de/kidsfuerkids/peruecke2.pdf
http://kinderklinik-hd.de/kidsfuerkids/peruecke3.pdf
http://kinderklinik-hd.de/kidsfuerkids/peruecke4.pdf
http://kinderklinik-hd.de/kidsfuerkids/perbea.pdf
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Beitrag von Mero » 3. Mai 2010, 16:15

Wir haben einen Kimba Spring Cross Reha Buggy für unsere Tochter Julia (3 Jahre). Leider werden wir im Bus sehr oft komisch angesehen, da der Buggy gross ist und viel Platz einnimmt. Mir tun die Blicke weh und gerne würde ich die Leute über die Situation aufklären. Viele merken gar nicht, das unsere Kleine behindert ist, da man es ihr nicht ansieht, und meinen wir hätte aus Spass so ein "Riesenteil". Da sie aber meistens nicht fragen, weiss ich nicht ob und was ich sagen soll. Ich habe mich schon gefragt, ob ich einen Spruch am Wagen befestigen soll. Leider warte ich aber immer noch auf die zündende Idee......
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Beitrag von Beatrice » 3. Mai 2010, 18:30

Hoi Mero

Ich verstehe Dich gut. Solche Blicke können wie Stacheln sein.

Grundsätzlich musst Du niemandem was erklären, all die teils schrägen Leute, die sich im Bus sonst so tummeln, die mit voller Absicht so auftreten, wie sie es tun (gepiercte, halb blutte Vogelscheuchen, z. B. oder der mit seinem Radio mit lauter Horrormusik) die fallen auch auf und legen es voll drauf an, ärgerliche und verständnislose Blicke einzuheimsen.

Aber ich verstehe Dein Bedürfnis nach einer Art Botschaft. Ich hatte eine am T-Shirt im Rücken und es hat fest gebessert mit dem Spott über meine Glatze

Ich habe folgendes hingeschrieben:
Nur Dumme lachen über meine Glatze,
die anderen freuen sich, dass sie selber Haare haben!


Das kam mir so ganz spontan in den Sinn.

Zu Deiner Situation passt vielleicht dies:

Gestatten,
ich bin kein Porsche,
sondern ein Rehabuggy.

oder evtl. auch dies:
Manche Leute haben eine grosse Karre, weil sie zu faul zum Laufen sind
ich habe diese, weil ich nicht laufen kann

Falls mir noch was einfällt, melde ich mich wieder

Ganz liebe Grüsse und ein herzliches Willkommen im Forum

Bea
Zuletzt geändert von Beatrice am 3. Mai 2010, 22:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Mero » 3. Mai 2010, 19:28

LIEBE BEA

Ganz vielen lieben Dank für Deine Worte. Schön, dass Du mich verstehst. Die Sprüche finde ich cool :-) mal sehen, wie und wo ich das verwenden kann.

Lass Dich drücken
Melanie
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