IV, Kinderspitex, KESB, Klage wegen Ärztepfusch: Aktuelles zur Rechtslage/ aus der Rechtsberatung von Procap
Verfasst: 14. Juni 2011, 23:42
Die Krankenkasse muss auch bei IV-Fällen Kinder-Spitexleistungen bezahlen
Neues Urteil zur Kinderspitex (9C_886/2010) Das Bundesgericht hatte vor einem Jahr entschieden, dass die IV die Kin-derspitex nicht mehr im bisherigen Umfang übernehmen muss. Nun wird die Tragweite dieses, von Procap kritisierten Entscheids etwas gemildert: Die Eltern von Kindern mit einer Behinderung können die Spitexleistungen sowohl bei der IV als neu auch bei der Krankenkasse einfordern.
Das Bundesgericht hatte vor einem Jahr entschieden, dass die IV die Kinderspitex nicht mehr im bisherigen Umfang übernehmen muss. Nun wird die Tragweite dieses, von Procap kritisierten Entscheids etwas gemildert: Die Eltern von Kindern mit einer Behinderung können die Spitexleistungen sowohl bei der IV als neu auch bei der Krankenkasse einfordern.
Vor einem Jahr entschied das Bundesgericht, die IV müsse lediglich für Behandlungen aufkommen, die nur durch qualifizierte Fachpersonen durchgeführt werden könnten (BGE 136 V 209). Wollten die Eltern hingegen jemand für die Überwachung in der Nacht, einfache pflegerische Handlungen oder Betreuung des Kindes anstellen, müssten sie dies – sofern möglich - aus der Hilflosenentschädigung und dem Intensivpflegezuschlag selber bezahlen. Procap kritisierte an diesem Entscheid, dass in schweren Fällen das Geld nicht reicht um die notwendige Entlastung der Eltern zu finanzieren.
In einem neuen Urteil vom 10. Juni 2011 hat sich das Bundesgericht noch einmal mit dem gleichen Fall befasst und nun die Leistungspflicht der Krankenversicherung beurteilt. Das Bundesgericht hat entschieden, dass sich die Krankenversicherung bei Geburtsgebrechen nicht vollständig zurückziehen darf. Sie muss dafür sorgen, dass Kinder mit Geburtsgebrechen mindestens die gleichen Spitex-Leistungen beanspruchen können, wie Kinder ohne Geburtsgebrechen. Wenn die IV (u.a. wegen dem Bundesgerichtsentscheid vom 7.7.2010) weniger zahlt, muss die Krankenversicherung einspringen.
Dieser Entscheid ist zu begrüssen, weil er die Ungleichbehandlung zwischen Kindern mit und Kindern ohne Geburtsgebrechen im Bereich der Spitex aufhebt. Es ist nun klar, dass die Krankenversicherung auch bei Geburtsgebrechen subsidiär leistungs-pflichtig wird.
Der Entscheid lässt aber auch Fragen offen. So ist unklar wieweit die Krankenversicherung auf die Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag zurückgreifen darf und wie die einzelnen Bereiche (Betreuung-, Grund- und Behandlungspflege) im Einzelfall abgegrenzt und verrechnet werden. Es ist zu befürchten, dass der administrative Aufwand für alle Beteiligten steigt.
Auch wird in dem Urteil nicht berücksichtigt, wie viel Belastung den Eltern zumutbar ist. In dem die Hilflosenentschädigung und der Intensivpflegezuschlag teilweise von den Krankversicherung eingefordert werden dürfen, steht den Eltern in gewissen Fällen weniger Geld zur Verfügung um Entlastung zu finanzieren. Das Hauptproblem, nämlich die hohe zeitliche und persönliche Belastung von Angehörigen in der Pflege eines schwer behinderten Kindes, ist damit noch nicht gelöst.
Tipp: Bei einer Reduktion der Spitexleistung durch die IV raten wir den Eltern von Kindern mit einer Behinderung diese sofort bei der Krankenversicherung anzumelden!
7.7.2011, Daniel Schilliger und Irja Zuber Hofer, Rechtsanwälte Procap Schweiz
Quelle: Procap-Rechts-News http://www.procap.ch/NewsAnsichtRecht.6 ... ce6b65fa8a
mit freundlicher Genehmigung durch Procap (Raffeala von Gunten)
Neues Urteil zur Kinderspitex (9C_886/2010) Das Bundesgericht hatte vor einem Jahr entschieden, dass die IV die Kin-derspitex nicht mehr im bisherigen Umfang übernehmen muss. Nun wird die Tragweite dieses, von Procap kritisierten Entscheids etwas gemildert: Die Eltern von Kindern mit einer Behinderung können die Spitexleistungen sowohl bei der IV als neu auch bei der Krankenkasse einfordern.
Das Bundesgericht hatte vor einem Jahr entschieden, dass die IV die Kinderspitex nicht mehr im bisherigen Umfang übernehmen muss. Nun wird die Tragweite dieses, von Procap kritisierten Entscheids etwas gemildert: Die Eltern von Kindern mit einer Behinderung können die Spitexleistungen sowohl bei der IV als neu auch bei der Krankenkasse einfordern.
Vor einem Jahr entschied das Bundesgericht, die IV müsse lediglich für Behandlungen aufkommen, die nur durch qualifizierte Fachpersonen durchgeführt werden könnten (BGE 136 V 209). Wollten die Eltern hingegen jemand für die Überwachung in der Nacht, einfache pflegerische Handlungen oder Betreuung des Kindes anstellen, müssten sie dies – sofern möglich - aus der Hilflosenentschädigung und dem Intensivpflegezuschlag selber bezahlen. Procap kritisierte an diesem Entscheid, dass in schweren Fällen das Geld nicht reicht um die notwendige Entlastung der Eltern zu finanzieren.
In einem neuen Urteil vom 10. Juni 2011 hat sich das Bundesgericht noch einmal mit dem gleichen Fall befasst und nun die Leistungspflicht der Krankenversicherung beurteilt. Das Bundesgericht hat entschieden, dass sich die Krankenversicherung bei Geburtsgebrechen nicht vollständig zurückziehen darf. Sie muss dafür sorgen, dass Kinder mit Geburtsgebrechen mindestens die gleichen Spitex-Leistungen beanspruchen können, wie Kinder ohne Geburtsgebrechen. Wenn die IV (u.a. wegen dem Bundesgerichtsentscheid vom 7.7.2010) weniger zahlt, muss die Krankenversicherung einspringen.
Dieser Entscheid ist zu begrüssen, weil er die Ungleichbehandlung zwischen Kindern mit und Kindern ohne Geburtsgebrechen im Bereich der Spitex aufhebt. Es ist nun klar, dass die Krankenversicherung auch bei Geburtsgebrechen subsidiär leistungs-pflichtig wird.
Der Entscheid lässt aber auch Fragen offen. So ist unklar wieweit die Krankenversicherung auf die Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag zurückgreifen darf und wie die einzelnen Bereiche (Betreuung-, Grund- und Behandlungspflege) im Einzelfall abgegrenzt und verrechnet werden. Es ist zu befürchten, dass der administrative Aufwand für alle Beteiligten steigt.
Auch wird in dem Urteil nicht berücksichtigt, wie viel Belastung den Eltern zumutbar ist. In dem die Hilflosenentschädigung und der Intensivpflegezuschlag teilweise von den Krankversicherung eingefordert werden dürfen, steht den Eltern in gewissen Fällen weniger Geld zur Verfügung um Entlastung zu finanzieren. Das Hauptproblem, nämlich die hohe zeitliche und persönliche Belastung von Angehörigen in der Pflege eines schwer behinderten Kindes, ist damit noch nicht gelöst.
Tipp: Bei einer Reduktion der Spitexleistung durch die IV raten wir den Eltern von Kindern mit einer Behinderung diese sofort bei der Krankenversicherung anzumelden!
7.7.2011, Daniel Schilliger und Irja Zuber Hofer, Rechtsanwälte Procap Schweiz
Quelle: Procap-Rechts-News http://www.procap.ch/NewsAnsichtRecht.6 ... ce6b65fa8a
mit freundlicher Genehmigung durch Procap (Raffeala von Gunten)