Unsere Kinder wurden zu Engel

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Monika Villiger
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Unsere Kinder wurden zu Engel

Beitrag von Monika Villiger » 28. September 2010, 11:55

Unsere Tocher Marianna schlief am 10. Sept. 2006 am früheren Morgen für immer ein.

Es sind nun vier Jahre her, als unsere Sonnenblume ein Engel wurde.

Mit manchem habe ich Mühe. Man spricht einfach nicht mehr von ihr, ausser ich. Ist ein Anlass ohne dass unsere beiden anderen Töchter dabei sind, bei dem nach unseren Kinder gefragt wird. Frag ich mich immer noch, was sage ich? Sag ich drei oder nur unsere lebenden zwei? Sag ich dann drei, dann wird ich nach dem Alter gefragt. Dann sag ich 14, 11 und das jüngste ist mit 6 ein Engel geworden. Manchmal erschrecken sie, weil ein Engel in unserer Familie ist. Wird nach Totesursache gefragt, werden die Personen von mir hören, dass sie schwerstbehindert war durch Sauerstoffmangel bei der Geburt. Sie ist einfach eingschlafen mit einem Lächeln. Viele wissen nicht so recht was sagen. Auch den Satz, sie ist ja jetzt ein Engel, sie hat es sicher besser, fiel schon.

Ach, ich vermisse unsere Tochter Marianna. Sie hatte immer ein Lächeln übrig.

Manchmal frag ich mich, ob Marianna vergessen werden kann. Davor habe ich Angst. Zu stark ist sie noch in meinem Herenzen.

Marianna wäre dieses Jahr am 07. Sept. 10 Jahre alt geworden.

Vielleicht fühlt jemand ählich und schreibt ein paar Worte.

Es würde mich freuen. Monika Villiger

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Liebe Monika

Beitrag von Flavia » 28. September 2010, 20:09

Eine Bekannte von mir (ihr Junge ist vor drei Jahren eingeschlafen), erzählt das selbe.
Als ich sie letzthin am Telefon fragte wie es ihr gehe erzählte sie dass sie das lange nicht mehr gefragt wurde.
(Ausser eine Floskel z.B. in einem Laden, das was ich eigentlich nicht mag, hoi wie gehts und tschüss....!)
Für die meisten ist das Thema bereits abgehakt, für Betroffenen hört es aber nie auf.

Meine Eltern haben ihr erstes Kind verloren.Da sie vor meiner Geburt starb lernte ich sie nie kennen, sie war aber immer Teil unserer Familie. Meine Eltern waren damals noch sehr jung. Niemand (!!!) kam an die Beerdigung und alle trösteten sie mit du kannst ja noch Kinder haben, als wenn andere Kinder eines ersetzen würden! Ablenken ja, aber nicht ersetzen.

Ich wünsche euch ganz viel Kraft, leider fehlen mir passendere Worte!

Ganz liebe Grüsse Flavia
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Beitrag von Monika Villiger » 29. September 2010, 09:48

Hallo Flavia

Danke für deine Nachricht.

Auch bei mir hies es von Unwissenden, kannst ja noch ein Kind haben. 1. kann man kein Kind durch ein Anderes ersetzen. 2. kann ich gar keine mehr bekommen. 3. Ich glaube ich könnte gar nicht, wenn es noch möglich wäre.

Schreibt man in einem persönlichen Lebenslauf für ein Geschäft auch die verstorbenen Kinder auf?

Weisst du das?

Viele liebe Grüsse aus Meierskappel, Monika

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Liebe Monika

Beitrag von Flavia » 29. September 2010, 16:44

Ich weiss das gar nicht, ich für mich würde es aber sicher erwähnen.

Kennst du die HP von z.B. Engelskindern, Sternenkindern. Schmetterlingskinder e.t.c.?
Allerdings weiss ich von meiner Bekannten dass diese Seiten sehr aufwühlend sind und es einem nicht unbedingt besser geht... Aber vielleicht ist da jemand der besser Bescheid weiss?

Viele Leute wissen nicht was sagen und möchten einen trösten, leider oft mit verletzenden Worten.
Leider besteht auch bei vielen Leuten der Glauben dass man ein behindertes/krankes Kind nur als Belastung ansieht und froh sein kann dass dieses gestorben ist : ((.

Ganz liebe Grüsse Flavia
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Beitrag von orphan » 29. September 2010, 21:50

Hallo Zusammen

Diese Seiten sind tatsächlich sehr aufwühlend. Und ich musste auch bei diesem Beitrag weinen. Es tut so unglaublich weh, wenn man ein Kind verliert oder genau weiss, dass man es verlieren wird.

Liebe Monika, ich glaube nicht, dass Marianna vergessen werden kann und ich finde es unheimlich schön, dass du immer noch so an sie denkst. Es tut mir leid, das du sie gehen lassen musstest.
Unser Sohn ist 6 1/2 Jahre und wir wissen, dass wir ihn irgendwann gehen lassen müssen. Uns steht das, was du gerade durchmachst noch bevor.
Gerade diesen Monat hatte eine ganz gute Freundin eine Todgeburt (kurz vor dem Entbindungstermin). Auch dieses Ereignis ist so unfassbar. Wir trauern alle.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft.
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Beatrice
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Beitrag von Beatrice » 1. Oktober 2010, 00:19

Liebe Monika

Deine Gefühle und Ängste, dass Dein Kind vergessen werden könnte, teilst Du mit vielen anderen trauernden Eltern. Ebenfalls wie Du erleben viele die Sprachlosigkeit des Umfeldes und den Schmerz darüber, dass niemand mehr von Deinem Kind spricht. so als sei es ohne Spuren gegangen.

Weil der Tod ein Tabuthema ist, vermeiden es viele Leute darüber zu reden, auch über Menschen, die tot sind. Man will ja in dem trauernden Menschen keine Wunde wieder aufreissen und hat Angst, wenn man vom Verstorbenen spricht, genau das zu tun. Es ist die Angst, jemand könnte im Gespräch in Tränen ausbrechen. Davor hat man Angst und auch einfach Berührungsängste, Das ist ein Grund, warum viele Leute lieber schweigen.
Und dann kommt noch das dazu, was Flavia erwähnte, und das ich persönlich erlebt habe, als mein behinderter Bruder starb. Die Leute denken, Du seist ja jetzt entlastet, da Dein behindertes Kind verstorben ist. Sie können nicht richtig nachvollziehen, was Dir dieses besondere Kind bedeutet hat. Schon die Behinderung des Kindes hat manche Leute schamhaft schweigen lassen, leider ist das so.


Doch Marianna hat bestimmt Spuren hinterlassen. Jeder Mensch, der geht, hinterlässt Spuren, schöne und weniger angenehme, je nachdem.
Allein Ihr Lächeln, das Du beschreibst, dürfte vielen Menschen in bester Erinnerung sein, das ist eine schöne Spur, die einem auch das Herz warm macht.
Wurde Marianna auch fremdbetreut? Dann sind da sicher auch Menschen, die Erinnerungen an sie haben. Was einen einmal positiv im Innersten berührte vergisst man nicht mehr.
Aber manchmal ist es gut, wenn man solche Erinnerungen auffrischt.
Ich kenne Eltern, die darum eine Art Himmelsgeburtstag für ihr Kind ausgerichtet haben. Dazu werden alle Menschen eingeladen, die einen besonderen Bezug zum Kind hatten, die dem Kind viel bedeutet haben oder umgekehrt.
Man sitzt zusammen und tauscht Erinnerungen aus, solche die Freude machten, berührt haben, aber auch jene, die düster sind und traurig. Man lacht auch herzlich und sei es nur über die unmissverständliche Ablehnungsgeste des Kindes gegen Lindenblütentee. Es kursieren Fotos oder es gibt ein Video. Man lässt Tränen zu, spürt aber auch die Dankbarkeit, dieses Kind gekannt zu haben. Ich war selber schon an so einem Himmelsgeburtstag eingeladen.
Die beiden Pole des Lebens, Trauer und Freude, man lässt sie zu und kommt gemeinsam wieder ins Gleichgewicht, kann das Leben in der Gegenwart wieder geniessen, hat aber auch eine neu kostbare Erinnerung mehr an das besondere Kind, das ein Engel geworden ist.
Und man spricht wieder mehr darüber, „Weisst du noch, am Himmelsgeburtstag von Gabriel?“ Es ist leichter, von etwas zu sprechen, das erst gerade passiert ist, als von etwas, das länger schon vorbei ist. Vorbei ist es nie für Dich, aber die unbeteiligten Leute im Umfeld empfinden es so.

Genau aus dieser Angst heraus, dass das Kind, das besondere Kind, das man hatte und verloren hat, vergessen werden könnte, entschliessen sich recht viele Eltern dazu, dem Kind eine Gedenkseite zu widmen oder aber ein Buch über es zu schreiben. Beides dient auch der Verarbeitung. Aber während ein Buch irgendwann beendet ist, kann man an einer Gedenkseite weiterarbeiten, neues hinzufügen, so lange man möchte.
Ich habe eine Sammlung solcher Seiten hier im Forum erstellt. Es gibt viele solcher Sammlungen. Speziell an meiner ist, dass sie nur Seiten beinhaltet, die eben vom Leben und Sterben eines behinderten oder sehr kranken Kindes erzählen.
Wenn ich Eltern dazu anschreibe, begrüssen es viele, dass es so eine Sammlung gibt, wo man auf einen Blick jene Eltern finden kann, die unter ähnlichen Umständen ihr Kind verloren haben und einen darum wirklich verstehen.
Wenn ein schwer krankes oder behindertes Kind stirbt, fehlt einem neben dem ganzen Kind auch die Nähe, diese intensive Nähe, die man zu diesem Kind hatte. Eltern gesunder Kinder haben diese Nähe nur in den ersten Jahren des Kindes erlebt, danach löst es sich und wird selbständiger. Eltern, die ihr Kind durch einen Verkehrsunfall verloren haben, trauern ebenso, aber sie haben ganz andere Gefühle und Verlustgedanken als Du. Für sie ist es ein Plötzliches Ereignis, auch total schwierig. Es ist nicht einfacher für sie, aber einfach ganz anders
Falls Du die Sammlung der Gedenkseiten für kranke oder behinderte Kinder mal anschauen willst, findest Du sie hier:
http://dasanderekind.ch/phpBB2/viewtopic.php?t=1329

Die Kinderkrebshilfe Schweiz organisiert seit ein paar Jahren einen Gedenkgottesdienst, wo auch Eltern hingehen können, deren Kind aus anderen Gründen verstorben sind. Meist ist das im November.
Dort kommen viele zusammen, auch die Geschwister und es ist für alle wichtig.

Das sind so meine Gedanken und Anregungen, die ich Dir zu Thema sagen kann.

Ich sende Dir ganz herzliche Grüsse und auch an Marianna ganz liebe Gedanken. Ich habe sie nicht persönlich gekannt, aber ich denke, wenn ich sie gekannt hätte, würde ich mich gerne an sie erinnern.

Bea
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Beitrag von Monika Villiger » 1. Oktober 2010, 14:12

Servus Bea

Vielen Dank für dein langes Schreiben. Ich fahre ja heute mit meiner Familie in die Südsteiermark für 14 Tage. Vielleicht finde ich da ein wenig mehr Ruhe.

Bis dann, viele liebe Grüsse Monika

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Beitrag von CéliNico » 14. Oktober 2010, 13:55

Hallo Monika,

deine Marianne wird immer bei dir in Gedanken bleiben und vor allem im Herzen. Da brauchst du keine Angst zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen dass man sein geliebtes Kind vergessen sollte.
Mir stehen noch zwei Abschiede bevor. Sie können leider jederzeit passieren. Darf gar nicht daran denken.

Es ist das schlimmste wenn das eigene Kind gehen muss.
Und natürlich ersetzt es kein anderes Kind.

Viele Menschen können nicht nachfühlen oder mitfühlen wie es ist ein behindertes Kind zu lieben. Weil sie selber damit nicht konfrontiert sind.
Aber, ich finde es nicht schlimm wenn dann Menschen nicht wissen was sie sagen sollen wenn eines zu den Engeln geflogen ist.

Dann lieber schweigen. Es ist immer schwer wenn ein Mensch von uns geht. Und es ist auch immer schwer die passenden Worte zu finden. Man möchte ja niemanden verletzen.

Ich wünsche dir viel Kraft und viel Liebe.
Daniela
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