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von Beatrice » 7. November 2009, 22:58
Lieber Frank
Das ist eine Nachricht, die viel Mut macht und ich hoffe, so ein Hospiz kann bald eröffnet werden und der Schweizer Staat ist dahingehend verständnisvoller und "spendabler" als er es war, als in Zürich ein neues Hospiz (für Erwachsene) entstehen sollte. Das Projekt wurde schliesslich abgeblasen, da man nur auf taube Ohren stiess und vor verschlossenen Türen stand, wo auch immer man anklopfte. In Bern ist sogar ein Hospiz eingegangen, weil die Gelder ausgingen und leider auch kaum Krankenkassen bereit waren, ihren Versicherten den Aufenthalt dort zu berappen (obwohl es weit günstiger war als im Krankenhaus)
Solche Umstände lassen mich oft verständnislos zurück. Deutschland ist dahingehend viel weiter als wir Schweizer.
Ich habe mein Patenkind verloren im Alter von 10 Jahren. Es hatte ein Ponsgliom, kennst Du vielleicht, ist ein unheilbarer, äusserst bösartiger Hirntumor, der dem Buben das Augenlicht, die Bewegungsfähigkeit und die Sprache raubte. Wir haben ihn dank Kinderspitex zu Hause behalten können, stiessen aber dennoch öfter an Grenzen und kamen in Zweifel, vor allem auch die 14jährige Schwester für die irgendwie dann keiner mehr richtig Zeit hatte. Oft habe ich gedacht, jetzt wäre ein Hospiz so wichtig, für alle. Das war anno 1994 - es gab bei uns weit und breit NICHTS. Auch eine Trauergruppe konnte Regula nicht besuchen, als sie es dringend gebraucht hätte. Es gab keine für verwaiste Geschwister. Bei Euch gab es das längst.
Ich selbst habe eine an sich unheilbare Krankheit, die bei erneutem Ausbruch je nach dem tödlich enden könnte. In meiner Patientenverfügung steht schon länger, dass ich dann in ein Hospiz, bzw. auf die Palliativstation des Kantonsspitals St.Gallen gehen möchte. Um das meinen Angehörigen verständlich zu machen, habe ich ein Gedicht dazu geschrieben, dieses:
Sterbe-Ort Palliativ-Station / HOSPIZ
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Dort,
wo Besuchszeiten nicht gelten,
wo Tag und Nacht die Türen offen stehn,
dort möchte ich sein zum Sterben.
Dort,
wo nicht nur Verwandte Zutritt haben,
sondern Menschen, die mir wirklich nahe sind,
dort möchte ich sein zum Sterben.
Dort,
wo Kerzen und Musik keine Störfaktoren sind
und ich das Fell eines lebendigen Tieres streicheln kann,
dort möchte ich sein zum Sterben.
Dort,
wo ich mit meinen Nöten nicht auf taube Ohren stosse,
wo ich nicht sediert werde, wenn ich weine,
sondern beruhigt durch eine menschliche Hand,
dort möchte ich sein zum Sterben.
Dort,
wo Lachen und Weinen ganz selbstverständlich zu Hause sind
dort möchte ich sein zum Sterben.
Dort,
wo medizinisch das wirklich Not-Wendige noch getan wird,
aber keine sinnlose Quälerei mehr zum Alltag gehört,
dort möchte ich sein zum Sterben.
Und ich glaube nicht, dass dort in mir
je der Wunsch nach der Todesspritze erwacht,
egal, wie es mir geht,
ich werde es tragen können bis zuletzt.
Umgeben von menschlicher Wärme
ist das Sterben wohl nurmehr ein sanftes Hinübergleiten
auf die andere Seite der Geborgenheit...
Bea Ladina P., am 10.August 2001
WICHTIG, bitte beachten:
Meine im dasanderekind.ch verfassten Gedichte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen nicht ohne meine Zustimmung kopiert oder anderswo veröffentlicht werden.
Ich denke, dass es auch die Kinder so empfinden und hoffe und bete, dass es so bald als möglich wahr wird, und die schwerkranken Kinder und deren Familien auch in der Schweiz einen solchen Ort bekommen.
Ganz liebe Grüsse sendet Dir
Bea
PS. Danke für Dein wertvolles Engagement! Menschen wie Du sind unbezahlbar.
Zuletzt geändert von
Beatrice am 30. Mai 2012, 18:15, insgesamt 1-mal geändert.