Erwachsene "Kinder"

Flavia
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Erwachsene "Kinder"

Beitrag von Flavia » 1. Februar 2021, 10:30

Hallo Ihr Lieben

Auf Wunsch von forums MItgliedern in Diskussion mit Bea haben ich folgenden Thread eröffnet.

Als unser Sohn klein war konnte ich mir nicht vorstellen einmal ein erwachsenens "Kind" zu betreuen...
Inzwischen ist unser Sohn 21 Jahre alt, bald 22. Wie die Zeit läuft.. Vieles hat sich geändert, doch die intensive Betreuung bleibt uns allen enthalten.

Ich wünsche Euch alles Gute und einen hilfreichen Austausch. Liebe Grüsse Flavia
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orphan
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von orphan » 4. März 2021, 20:02

Sali Flavia

Danke für diesen Thread! Wäre schön, wenn es hier zu einem Austausch käme.

Mir ging es genau gleich. Mein Sohn ist nun auch schon 17 Jahre. Ich habe als er "klein" war schon immer gedacht, dass es eine sehr intensive Zeit ist mit ihm. Zum Glück habe ich damals nicht gewusst, was wirklich auf mich zukommt.

Wie sieht der Alltag bei dir mit deinem bald 22-jährigen Sohn aus?
Avalon
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von Avalon » 4. März 2021, 21:53

so super! Ich freue mich sehr auf einen Austausch hier. Die Themen und Sorgen werden nicht kleiner nur anders :D
Unsere Sarina ist nun 21 Jahre alt und wir sind stolz auf sie. Da gibt es aber viele neue Themen, wie ihr Freund, der Wunsch nach selbständigem wohnen usw.
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von Joni » 4. März 2021, 22:42

Auch unser Sohn ist mittlerweile 16.Er wird ab Sommer in der Mathilde Escher Stiftung in Zürich eine Ausbildung beginnen und dann nur mehr an den Wochenenden heimkommen.Aber ich denke,dass unsere Betreuung und unser Einsatz als Eltern weiter gefragt bleiben wird.
Julia 1976

Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von Julia 1976 » 5. März 2021, 00:13

:) Hallo Zusammen :)
Ich finde es auch toll, wenn wir uns hier hin und wieder unser Austausch über unsere Kids \:D/ machen!!!

Unser Sohn Dominic ist mittlerweile 17 Jahre alt. Als Kind waren wir viel öfter im Spital wegen vielen Operationen, die er zum Glück alle gut überstanden hat. Die letzte OP war vor ca. 2,5 Jahren, an der Hüfte. Seit dem kann er viel Besser laufen und macht sogar Sport in seiner Schule, aber nur das was er mit seiner Diagnose (SEDC) bewältigen kann.
Er ging von Anfang an eine gewöhnliche Schule, seit 1.5 Jahren macht er FMS (Fachmittelschule) mit Aussicht im 3ten Jahr in die Kanti zuwechseln. Später möchte er Architektur oder Chemie an ETH Zürich studieren. Wir unterstützen ihn sehr gerne bei seinem Vorhaben. Seit 3 Monaten hat er eine Freundin, die ca. 10cm größer als sie ist (er ist 152cm), und es läuft super!
In Kispi ZH hat er nur einmal im Jahr eine Untersuchung in Abteilung Stoffwechsel, sonst wird er im orthopädischen Bereich vom Dr. S. Duerauer betreut, der momentan in Sonnenhof Klinik in Bern ist (früher war er auch in Kispi ZH). Er ist auch der einziger Orthopäd, der ihn bis jetzt operiert hat. Wir vertrauen ihm voll und ganz, egal in welche Klinik er geht. Seit der letzten Untersuchung Sommer 2020 war er sehr zufrieden mit der Weiterentwicklung von Dominic, daher hat er bei ihm erst in einem Jahr wieder eine Untersuchung.

Ich wünsche Euch allen Alles Gute und freue mich über weitere Austausch!

Liebe Grüsse
Julia & Dominic
Claudia J.

Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von Claudia J. » 5. März 2021, 20:42

Hallo zusammen

Mein Sohn ist mittlerweile 23 und letzten Sommer in seine erste eigene Wohnung gezogen. Es gefällt ihm sehr gut und er geniesst es, ohne ständige Beobachtung zu sein. Er hat einen guten Job.
Was mir Sorgen bereitet ist: Meiner Meinung nach versucht er seinen Kleinwuchs mit Tattoos zu verarbeiten. Was natürlich nicht gelingt. Mittlerweile hat er drei Stück und das gefällt mir gar nicht. Ich weiss, es ist nicht mein Problem, er ist erwachsen. Trotzdem habe ich extrem Mühe damit. Er lässt da auch überhaupt nicht mit sich reden.
Der neueste Floh ist ein schnelles Auto mit 350 PS....Da mache ich mir natürlich auch Sorgen.
Mir wäre es lieber, wenn er das Ganze bei einem Psychologen verarbeiten würde.

Herzliche Grüsse und ein schönes Wochenende
Claudia
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orphan
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von orphan » 6. März 2021, 18:24

Hallo Zusammen

Wow. Cool. Würde mich mega freuen, wenn es zum Austausch käme.

Ganz unterschiedliche Welten, die sich hier treffen. Ihr müsst eure wohlbehüteten, besonderen Kinder "loslassen" und bei uns sieht es so aus, dass wir uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir unseren Sohn, wenn er 18 wird, pflegen/betreuen werden. Wir werden auch nicht jünger ...

Leider gibt es immer noch zu wenige "Entlastung- und/oder Wohnplätze" für schwer mehrfachbehinderte Erwachsene. Wir stehen auf der Warteliste ... es gibt sogar solche, die uns nicht einmal auf die Warteliste setzen, weil die Behinderung/Pflege unseres Sohne zu komplex ist. Lieber vergibt man den Platz an einen Jugendlichen, der "pflegeleichter" ist.

Die Ungewissheit macht mich nervös ... nicht zu wissen, wie es weitergeht ... der Gedanke daran, dass ich meinen Sohn rund um die Uhr jeden Tag zu Hause haben werde und keine Entlastung in Sicht ist, macht mir unglaublich Angst. Ich liebe meinen Sohn aber ich brauche auch Zeit für mich. Entlastung / Erholung. Das alles werde ich in einem Jahr nicht mehr haben, wenn wir keine Lösung finden. Mein Sohn muss 24h betreut sein. Das heisst, ich werde das Haus nicht verlassen können, um "irgendetwas" zu erledigen. Ausser ich nehme ihn mit ... das ist aber auch nur beschränkt möglich. Er ist längst nicht mehr so "transportfähig" wie früher!

Gibt es hier jemanden, der in einer ähnlichen Situation ist?
ostwind 1

Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von ostwind 1 » 8. März 2021, 13:54

Hallo zusammen

Toll, dass dieser Thread geboren wurde!

Sarah ist mittlerweile 21 und lebt in einer betreuten WG im Appenzellerland. Der Platz war ein absoluter Glücksfall.

Kleine Kinder - kleine Sorgen, grosse Kinder - grosse Sorgen. Ihr habt den Spruch sicher auch schon gefühlte 10'000 Mal gehört. Ich fand ihn immer blöd. Bis ich selber erlebte, was es bedeutet, wenn unsere Kinder erwachsen werden, insbesondere unsere besonderen Kinder. Mir erschienen die Sorgen und Probleme während der Kinderzeit plötzlich als Klacks. Wo und wie soll meine Tochter leben? Was ist wichtig für sie und was gefällt ihr? Wie soll ihre Tagestruktur aussehen? Und wie gleise ich das mit der Rente und den EL auf, damit nichts vergessen geht und sie finanziell über die Runden kommt? Treffe ich die richtigen Entscheidungen für sie und ihr weiteres Leben? Das alles hat mich sehr beschäftigt.

Mittlerweile hat sich alles eingependelt. Sie ist glücklich auf dem Bauernhof und die Tagesstruktur mit den Tieren und viel körperlicher Aktivität tut ihr sehr gut. Ich bin ihre Beiständin, erledige ihre Finanzen und bin im Austausch mit dem Betreuerteam. Es gefällt ihr gut in der WG und langsam aber sicher wird die WG ihr Zuhause. Obwohl sie wohl ihr Leben lang abzählen wird, wie oft sie noch schlafen muss, bis sie wieder zu mir kommt.

Eine grosse Hilfe in der Zeit des Erwachsenwerdens war mir die Organisation Procap. Sie gab mir viele Infos und Hinweise, auf was ich achten muss, dass vor allem finanziell alles richtig aufgegleist ist und wie das mit der Beistandschaft genau läuft.

@orphan
Beim Lesen deines Beitrages kam mir so spontan in den Sinn, ob für Eure Situation eventuell das Assistenz-Modell der IV zum Zuge kommen könnte, damit ihr etwas Entlastung bekommt, wenn es keinen Platz in einer Institution geben sollte?

Liebe Grüsse
Ostwind
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orphan
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von orphan » 9. März 2021, 09:07

Hallo Ostwind

Schön, dass ihr eine so tolle Lösung für eure Tochter gefunden habt.

Ja, es ist nicht einfach die richtigen Entscheidungen zu treffen. Mit der Volljährigkeit wird alles kompliziert.

Wir haben seit Jahren Assistenzbeiträge. Nur das alleine nützt nichts. Man muss auch noch geeignete Assistenzpersonen finden. Etwas Entlastung haben wir über die Assistenzbeiträge. Aber beispielsweise haben wir niemanden, der einen Transfer mit unserem Sohn machen würde. Das heisst, es muss immer alles so geplant sein, dass kein Transfer nötig ist. Gut, ich kann das auch verstehen. Es sind 60 Kilo bei einer Grösse von 1.65 m die man hebt. Das ist selbst mir langsam zu schwer.
Und selbst wenn wir jemanden finden würden für eine Vollzeitstelle reicht das Geld nicht wirklich. Meistens suchen die Leute aber eine Vollzeitstelle. Irgendwie gibt es einfach keine gute Lösung. Die Betreuung findet bei uns zu Hause statt. Ich kann mich nicht entspannen/erholen, wenn ich eine Assistenzperson im Haus habe, die arbeitet. Wenn mein Sohn einen epileptischen Anfall hat, stehe ich ganz bestimmt nicht daneben und schaue zu oder lese weiter in meinem Buch ...!!! Wenn er in der Nacht aufwacht und Schleim abhusten muss, erwache ich trotzdem. Also schlafe ich nicht durch. Ob ich dann wach im Bett liege oder aufstehe, spielt auch keine Rolle mehr. Zudem wollen meine Kinder und mein Mann nachts lieber keine Assistenzpersonen im Haus. Sie fühlen sich nicht wohl. Ach, es gibt einfach keine gute Lösung - oder ich finde sie nicht! Es ist so schwierig der ganzen Familie gerecht zu werden.
ostwind
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von ostwind » 9. März 2021, 12:44

Liebe Orphan

Das kann ich gut nachvollziehen, dass das keine gute Lösung ist... oje!

Gäbe es evt. die Möglichkeit, deinen Sohn zwischendurch für einen Entlastungsaufenthalt in ein Pflegeheim zu geben, damit Ihr zu Hause mal durchschnaufen und durchschlafen könnt?

Du schreibst, dass der Transport ein Problem ist. Heisst das, Rotkreuz-Fahrdienst oder Tixi-Taxi kommt nicht in Frage, es bräuchte eine Ambulanz, damit er liegen kann?

Es ist extrem schwierig, eine Instiution zu finden, je schwerer die Behinderung umso schwieriger. Von der Institution Chupferhammer, in der meine Tochter nun ist, habe ich vorher noch nie etwas gehört oder im Internet gefunden, der Tip kam von der Betreuungsperson auf der Wohngruppe meiner Tochter. Hast du schon mal nach Stiftungen gegooglet, deren Zweck im Zusammenhang mit schwer- und mehrfach- Behinderungen oder für die spezifische Diagnose deines Sohnes stehen?

Vielleicht wäre es auch eine Idee, die Wohnform so zu ändern, dass eine Abgrenzung besser möglich wäre, wenn die Assistenz arbeitet?
Es gibt ja immer mehr Siedlungen wo das bewusst vermischt wird, behindertengerecht und „normal“ unter einem Dach.

Vermutlich hast du das alles schon vorwärts und rückwärts durchstudiert... hoffe ich nerve nicht 😳

Liebe Grüsse
Ostwind
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orphan
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Re: Erwachsene "Kinder"

Beitrag von orphan » 9. März 2021, 16:29

@Ostwind - du nervst nicht. Wir haben vor 7 Jahren ein EFH gebaut ... rollstuhlgängig! Von daher können wir an der Wohnsituation nicht viel ändern. Ob ihn ein Pflegeheim für einen Entlastungsaufenthalt nehmen würde, weiss ich nicht. Das müsste ich abklären.

Alle anderen Institutionen für Behinderte in unserer Gegend plus 1h Autofahrt haben wir angeschrieben. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Schweizweit gibt es nur etwa 3 - 5 Institutionen, die generell Erwachsene mit komplexen Behinderungen wie sie mein Sohn hat aufnehmen. Nur zwei liegen örtlich so, dass sie überhaupt in Frage kämen. Die eine Institution hat abgesagt und die andere dürfen wir anschauen. Die ist aber in einem anderen Kanton und etwas mehr als 1h Autofahrt entfernt und ob eine Unterbringung dort finanziert wird, ist noch unklar. Auch, ob es möglich wäre, dass mein Sohn im Notfall in unserem Kanton ins Spital könnte ... notfallmässig würde er im anderen Kanton eingeliefert werden und da er auch im Spital von uns betreut werden muss, wäre die Organisation mit hin- und her pendeln sehr schwierig! Aber auch in dieser Institution gibt es eine Warteliste!
Von vielen anderen Institutionen, die wir angefragt haben, obwohl wir wissen, dass sie nicht speziell eingerichtet sind für schwer mehrfachbehinderte Personen, haben wir eine Absage erhalten. Drei sind bereit, zu prüfen, ob es möglich wäre, einen Platz so einzurichten, dass unser Sohn betreut werden könnte. Zwei davon wären in unserem Kanton. Einer auswärts (auch hier stellt sich die Kostenfrage). Und bei allen Institutionen besteht eine Warteliste. Das heisst, selbst wenn sich jemand vorstellen könnte, unseren Sohn zu nehmen, gibt es zur Zeit immer noch keinen freien Platz und auch die Finanzierung der Anpassungen des "Platzes" für meinen Sohn müsste geklärt werden.

Es gibt noch so viel wenn und aber's ... manchmal wächst mir das alles über den Kopf und ich würde den Bettel am liebsten hin schmeissen. Es gibt so viele, die nach einem Wohnplatz für ihre erwachsenen "Kinder" suchen. Eigentlich müsste man selber ein Wohnheim eröffnen. Der Bedarf ist riesig. Aber dazu fehlt mir gerade das nötige Wissen ... und wahrscheinlich auch das nötige Kleingeld :wink:

... es gibt keine Stiftungen für die "spezifische" Diagnose meines Sohnes ... :wink: ... schön wär's!

Wenn mein Sohn keine "akuten" Probleme hat, kann er normal im Rollstuhl in einem behindertengerechten Auto transportiert werden. Bei "Anfallsserien" ist ein Transport kaum möglich - wäre auch gefährlich.

Ja, manchmal hat man Glück und man erzielt mit einem Tipp einen Volltreffer. Freut mich, dass es bei euch so war. Ich lande vielleicht auch noch einen ...
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